Vorurteile und ihre Macht

von

Vor-Urteile sind im Wortsinn Urteile, die wir fällen, bevor wir etwas eigentlich richtig einschätzen können. Das hat manchmal Vorteile – in interkultureller Kommunikation aber vor allem Nachteile.

Unsere Fähigkeit, sehr schnell ein Urteil bilden zu können, ist eine Art Denk-Ökonomie. Unser Urteilsvermögen wählt psychische Abkürzungen, wenn es sich bei erlernten Mustern und Erfahrungen bedient. Ein Beispiel: Wir wissen sofort und gleichsam instinktiv, dass jemand, der uns anbrüllt, es nicht gut mit uns meint.
Unser Gehirn ist in der Lage, extrem komplexe Informationen schnell zu verarbeiten. In jeder Situation stellt es uns Vorwissen und Assoziationen zur Verfügung, um Meinungen zu bilden und Entscheidungen zu treffen. Das heißt: Wir alle haben – und brauchen – Vorurteile, niemand von uns ist in der Lage, so eine große Masse an fremdkulturellen Informationen zu verarbeiten. Vorurteile sind also Denkmuster, denen wir uns sehr schwer entziehen können. Das Gefährliche daran: Wenn sich ein Vorurteil etabliert hat, sind diese Überzeugungen sehr hartnäckig. Sie werden zu Stereotypen, zu unbewussten und festgefahrenen Schemata, die nicht die Wirklichkeit abbilden, sondern die wir der Wirklichkeit überstülpen. Wir packen Welt und Menschen in Schubladen … Wir misstrauen Informationen, die nicht zu diesen Schubladen passen. Selbst wenn unsere Erfahrungen einem Stereotyp widersprechen, neigen wir dazu, sie als Ausnahme zu betrachten – und unsere gewohnte Sicht der Dinge, Vorurteile und Regeln beizubehalten. Denn Menschen fühlen sich wohl, wenn ihre Normen und Werte nicht infrage gestellt werden. Deshalb ziehen sie die eigene soziale Gruppe einer anderen vor. Das gibt ihnen Sicherheit. Abweichendes Verhalten und fremde Kulturstandards irritieren diese Sicherheit: Nehmen wir jemanden als sehr anders wahr, dann stellt dies die eigene Lebensweise infrage – und das verunsichert.
Vorurteile können darum für erfolgreiches interkulturelles Handeln sehr hinderlich sein, denn sie verringern den Raum, in dem wir eine Beziehung aushandeln und aufbauen können. Dagegen müssen wir unsere Offenheit stärken – auch wenn es unbequem ist. Und wir müssen uns immer wieder bewusst machen, dass unsere Handlungen und Meinungen von Stereotypen geprägt sind, dass ein Mensch, der uns begegnet, ganz anders sein kann, als es uns auf den ersten Blick“ scheint. In jedem Menschen und jeder Situation stecken Überraschungen! Offenheit und interkulturelle Kompetenz helfen uns, in interkulturellen Situationen unsere Kommunikation für alle Beteiligten zu optimieren.

Ohne Miteinander kein Erfolg. Nutzen Sie die Vielfalt! Bleiben Sie offen für Überraschungen.

Zurück

Kommentare

Einen Kommentar schreiben

Was ist die Summe aus 3 und 5?